Die Herausforderung – Umsetzung meistern
Wenn wir die Umsetzung meistern wollen, gibt es eine Sache, die wir ständig tun - meist unbewusst: Wir alle sagen oder schreiben ständig Dinge, die direkt bewirken sollen, dass etwas passiert.
Egal ob Ziele, Wünsche, Projekte, Aufgaben - im Kern geht es in all diesen Fällen um das Gleiche: Sie schreiben (oder sagen) etwas - und hoffen, dass jemand (zum Beispiel Sie selbst, Ihr Kollege, Ihre Chefin, Ihre Teammitglieder oder gleich Ihr ganzes Unternehmen) etwas bestimmtes tut - oder aber unterlässt.
Wissenschaftler*innen nennen so etwas "performative Sprechakte". Ich nenne es "Tun-Worte".
Wir formulieren solche "Tun-Worte" so häufig, dass die Weltgemeinschaft durch Wiederaufforstung der Bäume, die dabei in Form von Flipcharts und Sitzungsprotokollen verwendet wurden, wahrscheinlich das Klimaproblem lösen könnte.
Die Herausforderung: Wie formuliere ich Tunworte so, dass auch tatsächlich etwas passiert, also jemand etwas tut?
Der typische Fehler
Leider stehen gefühlte 90% der mit Tun-Worten beschriebenen Flipcharts dieser Welt voller Worthülsen. Da wird beispielsweise "Kommunikation optimieren" als Ziel genannt, sich "Transparenz" gewünscht, das Projekt "Produktoptimierung" angegangen oder als Aufgabe "Marketingkonzept machen" formuliert. Das Resultat: Wir erhalten Stillstand, statt die Umsetzung zu meistern.
Viele Menschen formulieren Tunworte mit Hilfe von Substantiven, die häufig auch noch hochtrabend klingen (also abstrakt sind) oder aber mit Passivkonstruktionen.
Sie tun das, weil sie verinnerlicht haben, dass das Publikum wissenschaftliche abstrakt formulierenden Menschen Kompetenz zuschreibt, weil sie Sorge haben, mit einer zu konkreten Formulierung Mitmenschen zu verletzen oder zumindest zu bedrängen oder weil sie das unangenehme Gefühl vermeiden wollen, gar nicht wirklich zu wissen, wer konkret was konkret tun muss, um dieses Ziel zu erreichen oder diese Aufgabe zu erledigen.
Das führt in der Praxis zu mehreren Problemen:
- fühlt sich niemand angesprochen, da ja nicht beschrieben ist, wer etwas tun soll,
- weiß die betreffende Person, selbst wenn sie weiß, dass sie gemeint ist, nicht wirklich, was konkret sie tun soll,
- verschleiert diese Art von Tunworten häufig, dass die Person, welche sie formuliert hat, gar nicht so ganz genau wusste, was denn jetzt passieren muss, damit dieses Ziel erreicht wird
Und so bleiben die Kommunikation schlecht, die Unternehmensführung intransparent, das Produkt suboptimal und das Marketingkonzept prokastiniert.
Der Hack
Wie geht Umsetzung meistern besser?
- Verwenden Sie Subjekt, Prädikat und wo sinnvoll Objekt und/oder Adjektive. Wir alle haben es in der Grundschule gelernt: Ein typischer Satz besteht aus einem Hauptwort oder Subjekt (das beantwortet die Frage "wer oder was?"), aus einem Tunwort oder Prädikat (welches erläutert, was getan wird) sowie - optional - einem oder mehreren Objekten. Das Ziel "TLs schreiben GL monatlich Status-E-Mail" ist erheblich leichter umsetzbar als das Ziel "Projektkommunikation optimieren" - und die Aufgabe "Maria draftet Grobstruktur Marketingkonzept (1 Seite)" erledigt sich erheblich leichter als "Marketingkonzept machen". Bei Aufgaben, die Sie für sich selbst formulieren, dürfen Sie das Subjekt natürlich weglassen, alternativ empfehle ich, den Imperativ ("Lies!") auszuprobieren (kleine Befehle an sich selbst ;-).
- Trauen Sie sich, konkrete Worte zu verwenden. Substantive, die ein konkretes Objekt oder eine Person beschreiben (Testfrage: "kann ich das anfassen?"), Verben, die eine durchführbare Handlung beschreiben (Testfrage: "könnte ich das JETZT ohne weiteres Nachdenken durchführen?") und - wo sinnvoll - Adjektive, die das "wie" einer Tätigkeit greifbar machen ("Mustaffa schreibt kurze und humorvolle Entschuldigungsmail an Kundin") erzeugen im Kopf Bilder, keine Mattscheibe. Auf Basis dieser Bilder können Sie dann handeln, wenn Sie wieder alleine am Schreibtisch sitzen, ohne nochmal ihr Hirn einschalten zu müssen. Und Sie werden merken, dass die Ergebnisse dieses Handelns ihre Mitmenschen erheblich mehr beeindrucken als ihre durch abstrakte Begriffe gepflegte Reputation als Teilzeit-Akademiker*in.
Fokussieren Sie auf das, was Sie schon wissen. Wenn Sie beim Schreiben merken, dass Ihnen die konkrete Formulierung schwer fällt, weil Sie einen wichtigen Denk- oder Arbeitsschritt noch nicht gemacht haben (z.B. Ihnen fällt keine konkrete Formulierung ein für "Ernährungsumstellung machen", weil Sie noch gar nicht entschieden habe, wie Sie Ihre Ernährung umstellen wollen), formulieren Sie stattdessen den konkreten nächsten Schritt ("Schreibe Pro/Cons von LowCarb, Low Fat und Vegan auf; teste Favoriten eine Woche"), anstatt diese Unsicherheit in Ihrer Formulierung zu verschleiern.
Der Hack klappt fast überall - in Workshops und Meetings, bei Zielen und Strategien, in Protokollen und Präsentationen, in persönlichen To-Do-Listen und bei der Formulierung von Neujahrsvorsätzen. In der Praxis werden Sie merken, dass er sich anfangs anstrengend anfühlt und Sie erstmal gefühlt langsamer macht. Bleiben Sie dran, denn Übung macht den Meister.
Viel Spaß beim Hacken!